Pro Die Presseverlage benötigen ein Leistungsschutzrecht, um im Internet Geld verdienen zu können

Contra Der Online-Markt ist im Wandel, neue Geschäftsmodelle müssen entwickelt werden und sich bewähren

Mit Journalismus kann man im Internet „derzeit nicht verdienen” (Christoph Keese). Alle Versuche, journalistische Online-Angebote gewinnbringend auszugestalten, sind gescheitert. Da der Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt mehr und mehr zurückgeht, ist der Qualitätsjournalismus in Deutschland an sich in Gefahr.

In einer guten wirtschaftlichen Situation befinden sich nur einige Großverlage. Auch diese können ihr Geld jedoch zukünftig nicht mehr mit ihren Presseerzeugnissen verdienen, da die Absatzzahlen von Zeitungen und Zeitschriften zurückgehen und journalistische Online-Angeboten nicht einmal kostendeckend betrieben werden können. Journalismus kann daher langfristig nur noch per Querfinanzierung angeboten werden (Christoph Keese, BDVZ und VDZ). Das bedroht den Qualitätsjournalismus an sich. 

Es bedarf daher eines eigenen Leistungsschutzrechts, um neue Einnahmequellen für Online-Angebote erschließen zu können. Der Gesetzgeber würde damit ein gesetzliches Paid Content schaffen (Robert Schweizer), denn es hat sich gezeigt, dass Online-Werbung allein „kein tragfähiges Geschäftsmodell für journalistische Qualität im Internet” ist (Hubert Burda). Hiervon profitieren vor allem die Suchmaschinen. Die Verlage fordern deshalb, „an den Erlösen der Suchmaschinen fair und zu überprüfbaren Konditionen zu partizipieren" (Hubert Burda).

Um die unbezahlte kommerzielle Verwertung der Verlagsangebote durch Dritte zu überwinden, ist es erforderlich, dass „jeder gewerbliche Nutzer der Verlagsprodukte im Internet” (Christoph Keese) diese Nutzung auch vergütet.

Vielen Presseverlagen geht es keineswegs so schlecht, wie es meist dargestellt wird. Insbesondere die großen Presseverlage (allen voran der Axel-Springer-Verlag) verkünden kontinuierlich Rekordumsätze und große Umsatz- und Gewinnsteigerungen. Anfang November 2010 wurde etwa bekannt gegeben, dass Axel Springer in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres „das um Sondereffekte und Kaufpreisallokationen bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) um 45,9 Prozent auf EUR 385,8 Mio. (Vj.: EUR 264,5 Mio.)” steigerte.

Konzernchef Mathias Döpfner zeigte sich zudem in einem Interview gegenüber dem Handelsblatt sehr zuversichtlich über die weitere Entwicklung auch und gerade der Pressesparte des Konzerns und konnte beachtliche Erfolge verkünden. So seien die kostenpflichtigen Apps von „Bild” und „Welt” rund 280 000-mal heruntergeladen worden. Ein „bemerkenswert hoher Anteil von Nutzern” wurde zudem als längerfristige Abonnenten der Apps gewonnen, von denen „viele bislang gar keine Leser unserer Blätter gewesen” sind. Ein Jahr nach dem Launch sei „Bild” die meistverkaufte deutsche Nachrichten-App. Man probiere derzeit verschiedene Angebotsformen und Preismodelle aus. Für die Zukunft prognostizierte Döpfner: „Wir wollen in sieben Jahren die Hälfte unserer Umsätze im digitalen Bereich machen. Derzeit entwickelt sich alles so dynamisch, dass wir dieses Ziel schneller erreichen können.”

Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung, mit elektronischen Presseerzeugnissen könne kein oder nicht genug Umsatz erzielt werden, offensichtlich unwahr. Ebenso kann angesichts des sich abzeichnenden enormen Potenzials von alternativen Geschäftsmodellen bei elektronischer Presse keine Rede davon sein, dass das Kerngeschäft der Presseverlage zukünftig nur noch durch Quersubventionierung aufrecht erhalten werden könne und die Existenz qualitativer Presseprodukte akut gefährdet sei. 

Nicht einmal die Behauptung, dass der Absatz von Print-Produkten (Zeitungen und Zeitschriften) drastisch zurückgehe, trifft zu. „Eine KPMG-Marktstudie von Februar 2010 zum ,Medienmarkt Deutschland' belegt vielmehr, dass Reichweite und Umsätze im Printgeschäft nicht zurückgegangen sind, sondern auf einem relativ stabilen und hohen Niveau stagnieren” (Haller).

Der Umstand, dass im Zuge des Medienwandels Geschäftsmodelle geändert und neue Produkte entwickelt werden müssen, liegt in der Natur der Sache und trifft alle auf diesem Gebiet tätigen Branchen gleichermaßen. Es gibt keine Rechtfertigung für die Presseverleger, durch Eingriffe in den Markt die Freiheitsrechte Dritter zu beschneiden und auf Kosten der Wirtschaft „gesetzlich ein Paid Content einzuführen” (wie Hubert Burda Folge und Zweck des Leistungsschutzrechts in einem Interview vom 5.8.2010 ausdrücklich bezeichnete). 

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