(Wohl) erste Entscheidung wegen Verletzung des LSR

Am 25. März 2015 - 10:55 Uhr von Tom Hirche

Wie Rechtsanwalt Arno Lampmann auf dem Blog seiner Kanzlei berichtet, soll das Landgericht (LG) Berlin eine erste einstweilige Verfügung wegen Verletzung des Leistungsschutzrechts für Presseverleger erlassen haben. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos.

Retourkutschedes ursprünglichen Verletzers

Der Entscheidung liegt ein recht kurios anmutender Fall zugrunde, den Rechtsanwalt Christian Solmecke bereits im Oktober 2014 auf seinem Kanzleiblog darstellte: Eine Medienagentur stellt fest, dass eines ihrer Bilder ohne Zahlung der anfallenden Lizenzgebühr genutzt wird. Ganz unbürokratisch wird an den Verwender eine einfache E-Mail gesendet. Diese enthielt zum einen eine Aufforderung zur Zahlung, zum anderen konnte der Empfänger über einen in der E-Mail enthaltenen Link auf einen Screenshot der Rechtsverletzung zugreifen. Gut für den Verletzer, da dieser vor einer teuren Abmahnung verschont wird.

In diesem Fall reagierte der Verletzer auf die E-Mail jedoch selbst mit einer Abmahnung. Er argumentierte, dass der angefertigte Screenshot selbst eine Urheberrechtsverletzung darstelle, da auch Ausschnitte der Webseite des Rechtsverletzers gezeigt würden. Die Medienagentur weigerte sich jedoch, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Folglich erwirkte der ursprüngliche Rechtsverletzer eine einstweilige Verfügung vor dem LG Berlin, die dann am 6.1.2015 bestätigt wurde. Das vollständige Urteil ist über diesen Link (PDF) erreichbar.

Formaljuristisch einwandfrei

Das Gericht bewertete den Screenshot als Presseerzeugnis im Sinne des Leistungsschutzrechts für Presseverleger (Paragraf 87f Abs. 2 Urheberrechtsgesetz). Die Medienagentur trug noch vor, dass der Link zum Aufrufen des Screenshots aus einer langen Reihe von Zahlen bestehe. Damit sei es praktisch ausgeschlossen, dass jemand anderes auf das Bild zugreifen könne. Diesen Einwand ließ das Gericht jedoch nicht gelten, "die abstrakte Möglichkeit des Abrufes genügt, ohne dass es auf die Wahrscheinlichkeit der Realisierung ankommt."

Konsequenz: abschaffen

Zu Recht weist Lampmann darauf hin, dass hier keines der Schutzziele des Leistungsschutzrechts für Presseverleger einschlägig sei. Weder würde hier eine Suchmaschine systematisch die Leistung der Verlage abgreifen, noch gingen den Verlagen hier Einnahmen verloren, die kompensiert werden müssten. Damit zeigt sich einmal mehr die Sinnlosigkeit und Widersprüchlichkeit dieses Gesetzes, dessen Missbrauchsgefahr nun gleich durch den ersten gerichtlich entschiedenen Fall bewiesen wurde.

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