Am 2. September 2010 - 9:36 Uhr von Administrator

Erforderlichkeit eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger

Timo Ehmann und Emese Szilágyi, beide rechtsanwaltlich tätig, befassen sich in diesem Gutachten zum geplanten Leistungsschutzrecht für Presseverleger (Presse-LSR) zunächst mit dem rechtlichen Umfeld der Verlagsbranche und den drei Interessenlagen von Urhebern, Verwertern und Allgemeinheit. Welche Chancen und Risiken die digitalen Verbreitungwege für die Verleger bergen, sehen sie als offen an. Ein zusätzlicher gesetzlicher Schutz stehe - wie jedes Immaterialgüterrecht - in einem Spannungsverhältnis zum Grundsatz der Wettbewerbsfreiheit. Es sei daher nur unter besonderen Voraussetzungen zu gewähren. Eine „unentgeltliche Ausbeutung” der Verlegerleistungen durch Suchmaschinen u.a. sei bislang nicht ausreichend nachgewiesen worden; ohne eine Nennung konkreter Tatbestände könne aber auch keine konkrete Diskussion geführt werden. Ob ein Presse-LSR ein geeignetes Mittel zum Schutz der Verlegerleistung sei, sei solange auch nicht feststellbar, erscheine aber zweifelhaft. Links und Snippets im Internet müssten jedoch in jedem Falle frei bleiben, fordern Ehmann und Szilágyi. Zwar könnten durch ein Presse-LSR Interessen von Urhebern und Verwertern sinnvoll entmischt werden, Regelungen zum Ausgleich der beteiligten Interessen – insbesondere zur Stärkung freier Journalisen – seien dann jedoch erforderlich.

Im Einzelnen stellen die Verfasser zunächst den Stand der Diskussion in Deutschland und Europa und die Geschichte der Forderung nach einem Presse-LSR dar. Sie analysieren desweiteren die Vorraussetzungen, unter denen ein Presse-LSR systematisch möglich wäre. Dabei stellen sie als Grundvoraussetzung heraus, dass ein Schutzrecht nur dann zu rechtfertigen sei, wenn die Verlegerleistung durch eine unlautere Ausbeutung „nicht mehr in einem für das Allgemeinwohl hinreichenden Maße“ erbracht werden könne. Ein Schutzrecht dürfe insbesondere nicht dazu führen, dass überholte Geschäftsmodelle erhalten und Innovation verhindert werde.

Dargestellt werden dann die bereits bestehenden Schutzrechte, die einem Verlegerschutz nahe kommen: der Schutz für wissenschaftliche Ausgaben, für nachgelassene Werke, der indirekt auch den Verlegern zugute kommende Datenbankenschutz aus den §§ 87a ff. Urheberrechtsgesetz und die Schutzrechte des Wettbewerbsrechts.

Es folgt eine Detail-Auseinandersetzung mit den wichtigsten Argumenten für und gegen ein Presse-LSR. Darunter etwa mit der Frage, ob die derzeitige Wahrnehmung der Urheberrechte von Journalisten durch die Verleger tatsächlich einen so unzulänglichen Schutz biete, dass ein Presse-LSR geschaffen werden müsse. Als Argument dafür sehen es die Verfasser an, dass die rechtliche Vermischung von Urheber- und Verlegerinteressen aufgehoben werden könne; tatsächlich seien diese nicht deckungsgleich.

Desweiteren gehen die Verfasser auf die durch das Internet veränderten Rahmenbedingungen für Printmedien ein. Besonderes Augenmerk legen sie auf die Arbeitsweise von Suchmaschinen; diese nähmen kaum Eingriffe in den Rechtskreis der Verleger vor. Die Verfasser teilen die Position der Verleger nicht, nach der hier eine unlautere Ausnutzung ihrer Leistungen vorliege. Eine solche könne zudem auch mit Mitteln des Urheberrechts bekämpft werden. Der Gesetzegeber habe zudem nicht die Aufgabe „das Berufsbild des Verlegers durch ein Schutzrecht in der bestehenden Form zu erhalten”.

Der Artikel schließt mit der Aufzählung mehrerer Probleme, die sich bei Einführung eines Presse-LSR nach Ansicht der Verfasser ergeben würden. Dazu gehören das Verhältnis eines Presse-LSR zu den übrigen Schutzrechten, die Frage seiner Auswirkungen auf die Schutzfreiheit amtlicher Werke, möglicherweise folgende richterrechtliche Einschränkungen des Zitatrechts sowie faktische Verschiebungen im gesetzlich geregelten Ausgleich zwischen Verlegern und Autoren.

(erschienen in der Zeitschrift Kommunikation & Recht 2009, Heft 12, Seite 2)

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