Am 31. August 2010 - 13:03 Uhr von John Weitzmann

„Fair Share”: Verlage sollten angemessen an Werbeeinnahmen aus Links beteiligt werden

Robert Schweizer, Burda-Rechtsvorstand, behandelt in diesem umfangreichen Referat viele der Kritikpunkte, die gegen ein neues Leistungsschutzrecht für Presseverlage (Presse-LSR) vorgebracht werden. Er stellt dieses neue Schutzrecht als angemessen dar und meint, alle dagegen vorgebrachten Argumente könnten entkräftet werden. Um eine „Lex Google” gehe es im Grunde nicht.

Zunächst zählt er die politischen Bekenntnisse zur Schaffung eines neuen Presse-LSR aus der Zeit vor der letzten Bundestagswahl auf, von der späteren schwarz-gelben Koalition bis zum SPD-Kanzlerkandidaten Steinmeier. Anschließend listet Schweizer die Leistungen der Verleger auf, die es seiner Meinung nach schon seit Jahrzehnten zu schützen gälte, deren Schutz aber erst aufgrund der technischen Entwicklungen rund um das Internet tatsächlich ins Auge gefasst werde. Weiter verweist er auf ausländische Rechtsordnungen, insbesondere das englische Publisher's Right, das er nur bedingt für vorbildlich hält. Gesondert nennt er den in der Schweiz gewählten Ansatz, einen Schutz über Wettbewerbsrecht zu erreichen.

In die deutsche Debatte steigt Schweizer ein, indem er sagt, dass es bei den Presse-LSR-Plänen – anders als vielfach angenommen – nicht speziell darum gehe, Handlungen von Google vergütungspflichtig zu machen. Er wendet sich gegen die Kritik, Ausgestaltung und Wirkungsweise eines Presse-LSR seien völlig unklar und verteidigt das Auftauchen der nicht näher bestimmten Begriffe „Presse” und „Presseerzeugnis” in den Konzeptpapieren.

Dann geht er mehrfach auf Google als Beispiel bedenklicher Geschäftspraktiken ein. Er stellt die These auf, Snippets bezögen den gesamten Beitrag in gewisser Weise mit ein. Damit werde eine Leistung des Presseverlages in Anspruch genommen. Ob damit gemeint ist, dass durch ein Snippet auch die gesamte jeweilige Printausgabe ausgenutzt werde, wird nicht restlos deutlich. Den Bedenken, ein Presse-LSR könne zu massiven Eingriffen in die Funktionsweise des Internets und den Umgang der Menschen mit dem Netz führen, tritt er entgegen: Eine Endnutzung freier Internetinhalte solle – gegebenenfalls eingeschränkt – kostenfrei bleiben.

Anschließend skizziert Schweizer Einzelpunkte zu den LSR-Plänen: die notwendige Einschaltung einer Verwertungsgesellschaft, die Forderung nach größerer Transparenz von Google – um dessen Einnahmen abschätzen zu können – und die Wahl einer Schutzfrist von 50 Jahren bei zugleich erlaubter privater Nutzung. Daran schließt sich eine Aufzählung weiterer Einwände gegen die Pläne an, denen er jeweils argumentativ entgegentritt:

Schweizer wehrt sich gegen die Auffassung, die Verleger seien durch verbreitete Buy-out-Verträge bereits ausreichend mit Rechten versorgt. Er folgt der Ansicht, ein Google-Opt-out über robots.txt [wie in der Thumbnails-Entscheidung des BGH jüngst bestätigt, Anm.d.Red.] stelle das Urheberrechtssystem auf den Kopf und vermutet, dass Google als marktbeherrschendes Unternehmen bereits durch sein Geschäftsmodell grundsätzlich gegen das Wettbewerbsrecht verstoße. Das Bundeskartellamt könne der Meinung sein wird, dass Google die Verlage faktisch zur „Selbstkasteiung” zwinge.

Abschließend verweist Schweizer auf die grundsätzliche Zustimmung des DJV und von DJU/Verdi zu den Presse-LSR-Plänen sowie auf die Bedingungen, die der DJV formuliert hat. Er verneint, dass mit dem Presse-LSR „der Vormarsch des Internets” aufgehalten werden solle. Vielmehr sollten Links zulässig bleiben, die Verlage aber an den mit der Verlinkung erzielten Einnahmen „fair beteiligt werden”. Es werde also keine Erlaubnispflicht für das Setzen von Links geben, sondern eine Pflicht zur Beteiligung der Verlage an Einnahmen, falls solche erzielt werden.

(auch erschienen als Beitrag in der Zeitschrift für Urheber und Medienrecht 1/2010, S. 7-17)

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